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Erweiterung des Ns Dokumentationszentrums in Obersalzberg

Offener zweiphasige Realisierungswettbewerb mit Ideenteil / März  bis Juni 2014 / Bruttogeschossfläche: 3625 m2 / Bauherr: Freistaat Bayern, vertreten durch Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat,vertreten durch Staatliches Bauamt Traunstein / Freiflächenplanung: T17 Landschaftsarchitekten / Tragwerksplanung: Prof. Feix Ingenieure /Brandschutz Swen Michilsen / Visualisierung: Volker Hofmann

Gegenstand des Wettbewerbes

Die Dokumentation Obersalzberg ist ein vom Institut für Zeitgeschichte, München – Berlin im Auftrag des Freistaats Bayern konzipierter und betreuter Lern- und Erinnerungsort. Aufgrund der steigenden Besucherzahlen, ist eine Erweiterung des Bestandes von einer Nutzfläche von 674qm auf eine gesamt Nutzfläche von 2493qm vorgesehen.

Architektonisches Konzept

Die Architektursprache der Nationalsozialistischen Diktatur ist ein Schlüssel zum  Verständnis des Menschen - und Kulturbildes dieser Zeit. Sie ist auch heute auf dem Obersalzberg noch an einigen fragmentarischen Stellen ablesbar. Erstaunlich erscheint auf den ersten Blick, dass sich auch Gedenkstätten und Dokumentationen oft einer ähnlich monumentalen Formensprache bedienen, um so der Monströsität der Verbrechen Ausdruck zu verleihen.

Ein Gegenbild, eine „fast gewichtslose, gebrechliche Moderne zum programmatischen Gegenpart der aggressiv-monumentalen Repräsentationsarchitektur„ sah Wolfang Pehnth im Deutschen Pavillion der Expo 1958 in Brüssel von Egon Eiermann und Sepp Ruf, dem ersten internationalen architektonischen Auftreten Deutschlands nach 1945.

Anknüpfend an die Idee einer „zerbrechlichen“ und dennoch sebstbewussten Moderne, kontrastiert der Entwurf die historische Bebauung mit volumetrischer Zurückhaltung, Offenheit und Fragilität der Proportionen. Formaler Eindeutigkeit wird eine polyvalente, introvertierte Erscheinung gegenüber gestellt, die eine individuelle Auseinandersetzung mit dem Thema vor Ort bestärkt.

Der dreigeschossige Neubau mit Foyer und Ausstellungsbereichen ist in die Hangkante über der bestehenden Dokumenation einbeschrieben. Er entwickelt seine typologische Eigenständigkeit im Umgang mit der den Ort prägenden Topografie - dem Schwung und Gegenschwung der Kuppe.

Das Tunnelbauwerk und der Bunkerzugang werden abgebrochen und erneuert. Im Bestandsgebäude ist das Bildungszentrum und die Verwaltung untergebracht. Die Fragmente des ehemaligen Gästehauses Hoher Göll bleiben mit der Überformung durch den Umbau 1990 unangetastet. Die Grundhaltung, den Umgang mit den baulichen Resten des ehemaligen „Führersperrgebietes“ dokumentarisch zu betrachten, leitet zum szenografischen Thema des Berghofareals über.

Szenografisches Konzept des Berghofgeländes

„Da war diese Unfähigkeit zu fragen, dieser Widerspruch zwischen theoretischer Faschismuskritik und der Angst davor meinem Vater ganz naheliegende Fragen zu stellen...“
Cordt Schnibben, Der Spiegel 16/2014

Das heutige Erscheinungsbild des Berghofgeländes ist von dem Zwiespalt geprägt, einerseits den historischen Täterort zu erhalten und ihn dem Gedenken an die Opfer zu widmen, andererseits aber keine „Kultstätte“ für Alt- und Neo-Nazis zu begünstigen.

In Form einer fortlaufenden Dokumentation wird die historische Entwicklung des Ortes bis zum heutigen Tag nachvollziehbar gemacht und die Besucher in die Diskussion um den angemessenen Umgang mit diesem schwierigen Erbe einbezogen.

Der Weg zum Berghofgelände verläuft entlang einer mit Fotografien belegten Zeitschiene, beginnend mit den Kriegsjahren am Bunkerausgang und auf der Lichtung vor den Mauerresten in der Gegenwart mündend. Die Gründe für die Sprengung der Ruine und die Überwaldung werden ebenso in Form von Texten und Bildern dokumentiert, wie die immer noch und immer wieder auftauchenden "Gedenkkreuze" und Nazi-Parolen in den Bunkeranlagen. Der Täterort bleibt mit allen ablesbaren Zeitschichten erhalten und ermutigt zu einer Auseinandersetzung mit den historischen und den aktuellen Formen von Rassismus und Intoleranz.

Temporäre, schemenhafte Installationen rufen die durch Fotografien und Filmproduktionen im kollektiven Gedächtnis verankerten Bilder der baulichen Elemente, wie dem Panoramafenster, der Treppe oder der Terrasse, ins Gedächtnis. Woher kommen diese Bilder? Welche Symbolik transportieren sie? Wie ist das persönliche Verständnis der Zusammenhänge entstanden?

Um der Diskrepanz zwischen öffentlicher Reue und privater Verdrängung zu begegnen, sollte neben dem kollektiven auch der individuelle Umgang mit der Geschichte und die Verantwortung, die aus dem Wissen um die Vergangenheit erwächst, bei der Betrachtung dieses Ortes im Vordergrund stehen.

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